"Gleichzeitig fehlt vor allem Staatsanwaltschaften das nötige Personal, um
die dann gemeldeten Daten überhaupt effizient bearbeiten zu können, so die
Kritik weiter. Eine wirksame Strafverfolgung bleibt damit aus. Im Kampf gegen
Rechtsextremismus und Hasskriminalität brauchen die zuständigen Behörden mehr
Personal und Digitalkompetenz. Deutschland kommt auch international eine
Vorbildfunktion zu, wenn es um die Verteidigung bürgerlicher Freiheiten
geht. Das jetzt vorgelegte Gesetz birgt die Gefahr, Blaupause für die
Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet zu werden." erklärt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder.
Nach NetzDG nun Gesetzesentwurf gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität im Internet
Hochproblematisch ist zunächst, dass die Polizei künftig auf einfaches
Ersuchen hin die Nutzerpasswörter von allen Telemediendiensteanbietern
verlangen kann. Dazu genügt die Aufforderung einer Behörde oder
Polizeidienststelle, ein richterlicher Beschluss ist nicht nötig, so die Kritik vom Branchenverband Bitkom.
Damit werden nicht nur die großen sozialen Netzwerke in die Pflicht genommen,
sondern ebenso die Anbieter von Internetzugängen und zahlreiche weitere
Online-Unternehmen. In vielen Fällen verfügen diese Unternehmen überhaupt
nicht über die Passwörter, da sie ausschließlich verschlüsselt hinterlegt sind
und aus gutem Grund von den Mitarbeitern der Unternehmen nicht eingesehen werden können.
Der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder meint dazu: "Vorweg:
Bitkom setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass Rechtsextremismus und
Hasskriminalität im Internet konsequent bekämpft und strafrechtlich verfolgt
werden. Unstrittig ist auch, dass Online-Plattformen und soziale Netzwerke im
Kampf gegen Hasskriminalität zur aktiven Mitwirkung verpflichtet sind. Doch
das jetzt vorgestellte Gesetz wirft Grundwerte über Bord, die unser
Zusammenleben online wie offline seit Jahrzehnten prägen. Statt das NetzDG
gewissenhaft auf Wirkungen und Nebenwirkungen zu überprüfen, kommt kurz vor
Weihnachten und auf den letzten Drücker der nächste überhastete Vorstoß gegen
ein lange bekanntes Problem.".
Die Herausgabe vertraulicher Passwörter ohne richterlichen Beschluss,
automatisierte Weiterleitung von IP-Adressen erstaunt Dr. Bernhard Rohleder
weiter. Immerhin werden solche Vorschläge aus jenem Ministerium unterstützt
werden, das sich den Datenschutz besonders groß auf die Fahnen geschrieben hat.
Kritisch sieht der Branchenverband zudem die Verpflichtung für
Diensteanbieter, eventuell strafbare Inhalte nicht nur zu löschen, sondern sie
unaufgefordert mitsamt der IP-Adresse und Portnummer des Nutzers dem
Bundeskriminalamt mitzuteilen.
Gerade bei Meinungsäußerungen ist die Strafbarkeit in vielen Fällen keineswegs
offensichtlich. Es wird sich nicht vermeiden lassen, dass Inhalte und Daten
von völlig harmlosen Nutzern, die sich nichts zu Schulden kommen ließen, an
das BKA weitergeleitet werden, so die Kritik weiter. Unverhältnismäßige Eingriffe in die
Privatsphäre der Nutzer sind damit vorprogrammiert.
Derzeit löschen die sozialen Netzwerke Inhalte meist nach ihren sogenannten
Community Standards, in wenigen verbliebenen Einzelfällen auch nach dem
NetzDG. Wenn künftig in all diesen Fällen Nutzerdaten weitergeleitet werden,
so ist eine hoffnungslose Überlastung der Behörden jetzt schon absehbar.
So werden bei den Behörden die persönlichen Daten angesammelt, die letztlich
mit der notwendigen Aufmerksamkeit gar nicht ausgewertet werden
können. Bereits heute fehlen den Behörden die zur wirksamen Strafverfolgung
notwendigen Ressourcen. Zwar ist zumindest eine neue Zentralstelle beim BKA
geplant, die betroffenen Staatsanwaltschaften werden aber nicht aufgestockt.
Laut dem Branchenverband entledigt sich der Staat einiger besonders sensibler Kernaufgaben,
überträgt sie an privatwirtschaftliche Unternehmen.
Weitere Kritik kommt von den Datenschützern, da die Bundesregierung
Internetdienste zur "Entschlüsselung" von Passwörtern zwingen will.
Allerdings betont ein Sprecher des Bundesjustizministeriums nach Angaben der
Nachrichtenagentur dpa. "Eine solche Pflicht für die Provider, Passwörter zu entschlüsseln, wenn
Staatsanwaltschaften sie dazu auffordern, gibt es nicht und wird es auch
künftig nicht geben". Dabei geht es um die
Änderung des Telemediengesetzes (TMG) die Herausgabe von
Bestands- und Nutzungsdaten neu zu regeln und damit den Ermittlungsbehörden
einen leichteren Zugriff auf Passwörter zu ermöglichen.
Der Gesetzesentwurf ist auch
online verfügbar.
Damit gilt die Regelung auch für Bestandsdaten. Dazu der Sprecher des
Bundesjustizministeriums "Um Täter identifizieren zu können, müssen
Staatsanwaltschaften von Internetplattformen Daten herausverlangen können. Im
Einzelfall ist es auch erforderlich, auf einen Account zugreifen zu können. Das ist auch heute so nach geltendem Recht.".
Ferner soll laut dem Ministeriumssprecher künftig ein Richter entscheiden, ob ein
Passwort angefordert werden darf. Das würde eine Verschärfung gegenüber der
bisherigen Regelung darstellen. Zudem gehe die Regierung nur von wenigen Fällen aus,
weil Onlinedienste nach europäischem Datenschutzrecht ohnehin verpflichtet
seien, Passwörter gehasht zu speichern.
Daher wird es spannend mit der Passwortweitergabe. Derzeit kann man auch
gehashte Passwörter bei einem schlechten Hashverfahren schnell
entschlüsseln. Damit sollten Nutzer im Prinzip immer lange Passwörter nutzen, denn je
kürzer das Passwort, desto schneller der Hack, so unser Chefredakteur
Dipl. Inform. Martin Kopka. Am besten sollten Plattformen dann noch Argon 2
als Hashverfahren einsetzen. Damit können die Passwörter schlecht berechnet werden.
Bei älteren Hashverfahren wie MD5, und leider auch am meisten eingesetzt, kann man Passwörter schon eher zurückrechnen.
Zuletzt hatte der eco - Verband der Internetwirtschaft e.V. sogar von einem
"Ein schwarzer Tag für das freie Internet" geredet. Der Verband bedauert, dass die
Bundesregierung bei beiden Gesetzesvorhaben wesentliche Aspekte in
Bezug auf Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit nicht eingehender
betrachtet hat und die vielen Kritikpunkte von Internetwirtschaft,
Journalisten und Bürgerrechtsorganisationen einfach übergeht.
Gegen Hassrede im Netz gibt es keine einfachen und schnellen
Lösungen. Vor allem müssen die Behörden
personell so ausgestattet werden, dass sie ihrem Auftrag der
Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken ebenso nachkommen können wie im
Straßenverkehr, so die Kritiker weiter.
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