Bundesverfassungsgericht erteilt NRW Online-Durchsuchungen klare Absage
• 27.02.08 Das Bundesverfassungsgericht hatte heute Vormittag über die heimlichen Online-Durchsuchungen im Verfassungsschutzgesetz von NRW zu entscheiden. Online-Durchsuchungen sind in der Kritik geraten, weil schon im Vorfeld die Mißachtungen der Rechtsstaatlichkeit erkennbar war.
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§ 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 2 VSG, der den heimlichen Zugriff auf informationstechnische Systeme regelt ("Online-Durchsuchung"), verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner besonderen Ausprägung als Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme und ist nichtig.
Die Vorschrift wahrt insbesondere nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Angesichts der Schwere des Eingriffs ist die heimliche Infiltration eines informationstechnischen Systems, mittels derer die Nutzung des Systems überwacht und seine Speichermedien ausgelesen werden können, verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut bestehen. Zudem ist der Eingriff grundsätzlich unter den Vorbehalt richterlicher Anordnung zu stellen. Diesen Anforderungen wird § 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 2 VSG nicht gerecht. Darüber hinaus fehlt es auch an hinreichenden gesetzlichen Vorkehrungen, um Eingriffe in den absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung zu vermeiden.
Die Ermächtigung zum heimlichen Aufklären des Internet in § 5 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 Alt. 1 VSG verletzt ebenfalls die Verfassung und ist nichtig. Das heimliche Aufklären des Internet greift in das Telekommunikationsgeheimnis ein, wenn die Verfassungsschutzbehörde zugangsgesicherte Kommunikationsinhalte überwacht, indem sie Zugangsschlüssel nutzt, die sie ohne oder gegen den Willen der Kommunikationsbeteiligten erhoben hat.
Ein derart schwerer Grundrechtseingriff setzt grundsätzlich zumindest die Normierung einer qualifizierten materiellen Eingriffsschwelle voraus. Daran fehlt es hier. Die Norm lässt nachrichtendienstliche Maßnahmen in weitem Umfang im Vorfeld konkreter Gefährdungen zu, ohne Rücksicht auf das Gewicht der möglichen Rechtsgutsverletzung und auch gegenüber Dritten. Zudem enthält die Norm keine Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Nimmt der Staat im Internet dagegen öffentlich zugängliche Kommunikationsinhalte wahr oder beteiligt ersich an öffentlich zugänglichen Kommunikationsvorgängen, greift er grundsätzlich nicht in Grundrechte ein.
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