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E-Mail Massenüberwachung: Gesellschaft für Informatik fordert Recht auf sichere Kommunikation

• 31.03.22 Das Recht auf sichere Kommunikation und wirksame Verschlüsselung in Europa ist nicht selbstverständlich. Die EU-Innenkommissarin Yiva Johansson ruft zur anlasslosen Kontrolle sämtlicher Kommunikationsinhalte wie Chats und E-Mails auf. In Zeiten des Ukraine Krieges sieht man, wie schnell ein Angreifer auch in der Cyberwelt Technologien durch fehlende Sicherheit stören und zerstören kann. Daher hat die Gesellschaft für Informatik e.V. zusammen mit anderen Organisationen und mit zahlreichen Wissenschafts- und Wirtschaftsverbänden einen offenen Brief an den europäischen Gesetzgeber mit Forderung veröffentlicht.

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E-Mail Massenüberwachung: Gesellschaft für Informatik fordert Recht auf sichere Kommunikation

So sehen die Pläne eine Aufbrechung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Kommunikation vor, wie wir schon berichtet haben. Anderseits sollen bereits auf dem Endgeräten wie Smartphones und PCs eine Überwachungs-Software installiert werden. Dieses massenhafte "Client Side Scanning' (CSS)" soll Nachrichten durchsuchen können.

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-Bild: © PublicDomainPictures ((Pixabay-Lizenz)/ pixabay.com

Daher stellt laut den Unterzeichnenden sowie zahlreicher weiterer Experten dieses CSS ein massives Risiko für die europäische Cybersicherheit dar und untergräbt sämtliche Bemühungen um eine digitalisierte Wirtschaft und Verwaltung.

Prof. Dr. Kai Rannenberg, Mitglied des Präsidiums der Gesellschaft für Informatik: "Vertrauliche Kommunikation und sichere Technik dafür sind Grundrechte, weil sie ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft sind. Sie sind essentielle Bestandteile einer intakten Demokratie und grundlegende Voraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft sowie die öffentliche Verwaltung. Ohne Vertrauen in die digitalen Infrastrukturen sind sowohl der demokratische Meinungsaustausch als auch der Innovationsstandort Europa in einer zunehmend digital vernetzten Welt in Gefahr. Der europäische digitale Binnenmarkt, die europäische Zivilgesellschaft und die öffentliche Verwaltung brauchen vertrauensvolle digitale Kommunikation und ein Anrecht auf wirkungsvolle Verschlüsselung.".

EU-weite Massenüberwachung: Informatiker und IT-Verbände gegen E-Mail- und Chatüberwachung

Vor einem Jahr hatte der deutsche Bundestag den Einsatzes eines Staatstrojaners erlaubt. Damit wird das Belauschen der deutschen Bürger durch Sicherheitslücken erst möglich gemacht. Die Folgen sind nun bekannt, Russland konnte erfolgreich Satelliten kapern und Betriebe und Behörden in Deutschland lahmlegen oder behindern. Nun will die EU eine E-Mail und Chatkontrolle installieren, für jeder Mann und Frau, anlasslos alles protokollieren.

Die Europäische Kommission erwägt nun Pläne zur Überwachung aller Kommunikationsinhalte, die diesen wichtigen demokratischen und wirtschaftlichen Zielen zuwiderlaufen würden. Kritiker sehen die geplante anlasslose Überwachung aller Kommunikationsinhalte zur Erleichterung der Aufklärung von Straftaten kritisch. Hierbei geht es um die Entschlüsselung aller verschlüsselten Nachrichten durch die Diensteanbieter oder die Umgehung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung durch automatisierte und massenhaften Einsatz von Überwachungs-Software.

So hat nun die Gesellschaft für Informatik (GI) und der Council of European Professional Informatics Societies (CEPIS) zusammen mit zahlreichen Wissenschafts- und Wirtschaftsverbänden am Montag einen offenen Brief Brief an die EU-Kommission veröffentlicht. Dieses Schreiben wurde auch an die EU-Kommissare Margrethe Vestager und Thierry Breton, MdEP und Berichterstatter für die DSA Christel Schaldemose, den Staatssekretär für digitale Transformation Frankreichs Cedric O und die Ständige Vertreterin Frankreichs beim Europarat Marie Fontanel gesandt.

Die vorgesehene "anlasslose Kontrolle sämtlicher Kommunikationsinhalte" wie Chats und E-Mails würde demnach Vertraulichkeit sowie Sicherheit im Internet und so auch essentielle Bestandteile einer intakten Demokratie untergraben, lautet der Vorwurf.

"Nach Ansicht unserer Experten, Akademiker und IT-Experten haben alle Bemühungen, die Chat-Kommunikation über Client-Site-Scanning abzufangen und umfassend zu überwachen, enorme negative Auswirkungen auf die IT-Sicherheit von Millionen europäischer Internetnutzer und Unternehmen.", so die Feststellungen im offenen Brief.

Daher lautet die Forderung "Daher muss ein europäisches Recht auf sichere Kommunikation und wirksame Verschlüsselung für alle zum Standard werden.".

Ferner wird darauf hin gewiesen, dass die Vertraulichkeit und Sicherheit der digitalen Kommunikation für unsere Gesellschaft unverzichtbar ist. "Nicht nur der demokratische Diskurs lebt vom freien Meinungsaustausch, auch unsere Wirtschaft braucht sichere Kommunikation. Informationsfreiheit ist ein hohes Gut und in Artikel 11 der EU-Grundrechtecharta verankert." so weiter.

Auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Informatik (GI) hat CEPIS einen offenen Brief veröffentlicht, in dem die europäischen Gesetzgeber aufgefordert werden, das Recht auf eine starke und effektive Verschlüsselung für alle EU-Bürger, Unternehmen und Institutionen nicht zu untergraben.

Darüber hinaus müssen Anbieter von Kommunikationsdiensten verpflichtet werden, EU-Bürgern eine sichere IKT-Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.

Daher lautet die Forderung der Unterstützer ein Ende aller Aktivitäten, die die Verschlüsselung schwächen und umgehen, da sie die Sicherheit aller EU-Bürger und unsere Wirtschaft einem enormen Risiko aussetzen.

Zu den Unterstützern zählen ferner die European Digital SME Alliance, der eco-Verband der Internetwirtschaft, der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi), die Internet Society (ISOC) und das Tor-Projekt.

Eigene EU-Juristen sind skeptisch --Online-Kommunikation in der gesamten EU zerstören

Sogar die eigenen Hausjuristen sehen das Vorhaben sehr kritisch und sehen hier "erhebliche Mängel" und fehlende "Effizienz und Verhältnismäßigkeit" in dem Projekt.

Dort steht "Eine neu veröffentlichte Stellungnahme eines Prüfungsausschusses der Europäischen Kommission über den bevorstehenden Vorschlag ihrer eigenen Kollegen für eine 'Gesetzgebung zur wirksamen Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern' zeigt starke Besorgnis über den Legislativvorschlag. Die Stellungnahme, die gestern (22. März) vom französischen Medienunternehmen Contexte veröffentlicht wurde und auf den 15. Februar 2022 datiert ist, bestätigt die Befürchtungen, die EDRi und 39 andere zivilgesellschaftliche Gruppen kürzlich über den Vorschlag geäußert haben, der die Integrität privater Online-Kommunikation in der gesamten EU zerstören könnte ein gefährlicher Präzedenzfall für die Welt."

Staatstrojaner Einsatz: Bundestag erlaubt den Staatstrojaner --Staat der bessere Einbrecher?

Dabei wird in der Öffentlichkeit zunehmend von Staatstrojaner geredet, welche durch Sicherheitslücken auf die privaten Daten der Bürger und Unternehmensdaten zugreifen können. Zuletzt sollte auch die Bundespolizei Zugriff auf private Daten durch den Staatstrojaner bekommen. Daher darf nun die Bundespolizei sowie alle 19 Nachrichtendienste in Deutschland künftig Computer und Smartphones von Verdächtigen hacken.

Immerhin dürfen seit dem 2017 deutsche Ermittler unter bestimmten Umständen die Geräte von Verdächtigen hacken und einen Trojaner unterjubeln, um die Daten zu stehlen, und die Kommunikation zu belauschen.

Staatstrojaner Einsatz: Bundestag erlaubt den Staatstrojaner --Staat der bessere Einbrecher?
Staatstrojaner Einsatz: Bundestag erlaubt den Staatstrojaner
--Staat der bessere Einbrecher?
-Bild: © PublicDomainPictures ((Pixabay-Lizenz)/ pixabay.com

Mit der neuen Regelung bekommt auch die Bundespolizei sowie alle 19 Nachrichtendienste des Bundes und der Länder Befugnisse für den Staatstrojaner. So gab es nun eine entsprechende Änderungen im Verfassungsschutzgesetz und im Bundespolizeigesetz, welche der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition (CDU/CSU und SPD) beschlossen hatten.

Bei dem Trojaner Einsatz gibt es dabei erhebliche Eingriffe in die Sicherheit der Telekommunikationsnetze, welche diese auch gefährdet und die Integrität der Datennetze gefährdet, da Sicherheitslücken in den Netzen genutzt werden, welche auch durch Hacker genutzt werden, um mit Erpressungsmethoden Geld bei Firmen zu kassieren. Damit nutzen der Staat und Verbrecher die gleichen Methoden, so die Kritik des Chefredakteurs vom Redaktionsnetzwerk Tarifrechner, Dipl. Inform. Martin Kopka. Wer ist also hier der bessere Einbrecher?.

Staatstrojaner Einsatz: Abstimmung über Eingriffe in die Sicherheit der Telekommunikationsnetze

So hatte es damals eine Abstimmung über die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes gegeben, mit dem Ziel der Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus durch erhebliche Eingriffe in die Sicherheit der Telekommunikationsnetze. Dabei gibt es natürlich reichlich Kritik.

Staatstrojaner Einsatz: Abstimmung über Eingriffe in die Sicherheit der Telekommunikationsnetze
Staatstrojaner Einsatz: Abstimmung über Eingriffe
in die Sicherheit der Telekommunikationsnetze
-Abbildung: (Pixabay License)/ pixabay.com

So erklärt der Bitkom-Präsident Achim Berg dazu: "Schwerste Kriminalität, Extremismus und Terror müssen überall konsequent bekämpft und verfolgt werden - auch in der digitalen Welt. Erweiterte Überwachungsbefugnisse dürfen aber nicht dazu führen, dass die Sicherheit und Integrität der Kommunikation gefährdet und das Vertrauen von Verbraucherinnen und Verbrauchern zerstört werden. Die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes schießt mit völlig unverhältnismäßigen Maßnahmen weit über das Ziel einer effizienten Kriminalitätsbekämpfung hinaus.".

Parteichefin Esken von der SPD-Fraktion mit Kritik

Dabei gab es sogar reichlich Kritik der Parteichefin Esken von der SPD-Fraktion. Zusammen mit der Union beschloss die SPD den Staatstrojaner-Einsatz. Diese Einigung wurde von Saskia Esken kritisiert. "Ich halte die Entscheidung für den Einsatz von Staatstrojanern auch weiterhin für falsch, insbesondere in den Händen von Geheimdiensten. Diese Form der Überwachung ist ein fundamentaler Eingriff in unsere Freiheitsrechte und dazu ein Sicherheitsrisiko für unsere Wirtschaft", twitterte die Netzpolitikerin und fügte auch hinzu: "Die Anwendung von Schadstoffsoftware zur Überwachung verschlüsselter Kommunikation und die bewusste Aufrechterhaltung von Sicherheitslücken, um diese Software installieren zu können, schaden der Idee demokratischer Netze und unser aller Sicherheit.".

Jugendorganisation der SPD mit Kritik

Auch die Jugendorganisation der SPD kritisierte die neuen Regelungen scharf. Die SPD-Fraktion laufe nun Gefahr "verfassungswidriges Recht mitzutragen", so die Jusos in einem offenen Brief an die Fraktion. Auch gebe es keinen Grund, aus welchen Gründen ein so weitreichender Eingriff in die Freiheit der Menschen in Deutschland notwendig sein soll.

Damit liegen die Jusos mit den Verfassungsrechtlern auf einer Linie, welche die Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) kritisieren. Dabei dürfen Behörden nicht nur die laufende Kommunikation der Verdächtigen mitschneiden, sondern ab dem Zeitpunkt der Anordnung gespeicherte Inhalte und Umstände der Kommunikation überwachen und aufzeichnen.

Rechtswidrige Online-Durchsuchung

Daher wird dieses auch als eine rechtswidrige Online-Durchsuchung bezeichnet, dieses sagte der Mainzer Juraprofessor Matthias Bäcker in einer Bundestagsanhörung: "Das ist keine Quellen-TKÜ mehr. Das ist eine beschränkte Online-Durchsuchung, an die aber höhere Anforderungen bestehen." Anders als die Quellen-TKÜ ermöglicht die Online-Durchsuchung einen kompletten Zugriff auf die gespeicherten Daten eines Computers oder Handys. Das ist nur in besonders schwerwiegenden Fällen möglich. Daher stellt diese nicht nur einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis, sondern in die Integrität informationstechnischer System dar, das sogenannte IT-Grundrecht. So Ralf Poscher vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht.

Verschärfung der Überwachung

Dabei wurden die vielfach geäußerten Bedenken aus der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft zum ursprünglichen Gesetzentwurf ignoriert und die nun im Bundestag zu beschließende Fassung durch kurzfristige Änderungen sogar noch verschärft.

So steht zum Beispiel die neu vorgesehene Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften über die Strukturen von Netzen, Diensten und Anlagen an staatliche Stellen im diametralen Widerspruch zu den schützenswerten Sicherheitsanforderungen kritischer Infrastrukturen.

Gelangen diese Informationen in die falschen Hände, drohen massive Konsequenzen. Letztlich gehen die durch die Hintertür eingeführten Mitwirkungspflichten für Anbieter von Telekommunikationsdiensten weit über ein vertretbares Maß hinaus, so die Kritik weiter.

"Das Gesetzgebungsverfahren betrifft Grundprinzipien unseres Rechtsstaats und bedarf einer sachgerechten und vertieften Diskussion. Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Dialog, um Verschlüsselung und vertrauenswürdige digitale Kommunikation mit den Interessen der Strafverfolgung abzugleichen. Dafür wären seit der letzten Bundestagswahl fast vier Jahre Zeit gewesen." so das Entsetzen vom Bitkom Chef.

Bekannt ist nun, dass solch ein wichtiges Thema im Bau-Ruck-Verfahren auf den letzten Metern der Legislaturperiode durchgepeitscht werden soll. Darüber hinaus bleiben etliche Fragen unbeantwortet, etwa wer zu welchem Zeitpunkt unter welchen Voraussetzungen über die technische Möglichkeit und Zumutbarkeit der geforderten Hilfestellungen der Telekommunikationsanbieter entscheidet.

Staatstrojaner bei Bundespolizei: Datenschutzbeauftragter Kelber kritisiert Trojaner Regeln

Dabei hatte zuletzt der Datenschutzbeauftragte Kelber massive Kritik geäußert und sieht hier verfassungsrechtliche Bedenken.

So haben sich nach einem langem Streit die Koalitionsfraktionen darauf geeinigt, der Bundespolizei mehr Befugnisse zu geben. Allerdings gehen die Datenschützer dabei auf die Barrikaden Immerhin gibt es nun Unterstützung vom obersten Datenschutzbeauftragten Kelber, dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

So soll der Bundespolizei nun über eine "Quellen-TKÜ" ermöglicht werden, Smartphones und Laptops auszuspähen. Auch sollen verschlüsselte Messenger-Dienste abgehört werden können. Dabei könnten Ermittler auch Zugangsdaten für Online-Dienste und damit Zugriff auf E-Mail-Postfächer und Cloudspeicher erhalten.

Daher sieht der obersten Datenschützer die geplante "Erweiterung der Quellen-TKÜ" auf heimliche Online-Durchsuchungen für "verfassungsrechtlich höchst problematisch". Dieses äußerte Kelber im Rahmen einer Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat des Deutschen Bundestages am 22. März 2021 zum Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU/CSU und SPD zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei.

Mit dem Gesetzesentwurf werden die Befugnisse der Bundespolizei erweitert und den Möglichkeiten des Bundeskriminalamtes (BKA) angeglichen. Dabei wird allerdings verkannt, dass es sich bei der Bundespolizei - auch in Abgrenzung zu den Landespolizeibehörden - um eine Sonderpolizei mit begrenztem Aufgabenspektrum handelt.

Zugleich wird die Richtlinie (EU) 2016/680 vom 27. April 2016 (JI-RL) sowie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 zum damaligen Bundeskriminalamtsgesetz umgesetzt.

Kelber in seiner Stellungnahme: "Ausdrücklich kritisiere ich, dass die Errichtungsanordnung (EAO) als Verfahrenssicherung für die Einrichtung automatisierter Dateien, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, ersatzlos gestrichen worden ist. Da der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) gemäß § 36 Abs. 2 BPolG vor Erlass einer EAO anzuhören ist, stellt sie ein wirksames Instrument der Datenschutzkontrolle dar. Durch deren Wegfall wird der Datenschutz massiv geschwächt.

Auch sieht Kelber hier einen Grundrechtseingriff: "Darüber hinaus entfällt für die Bundespolizei die Pflicht, in angemessenen Abständen die Notwendigkeit der Weiterführung oder Änderung der geführten Dateien zu überprüfen (zur bisherigen Rechtslage vgl. § 36 Abs. 3 BPolG). Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten in automatisierten Dateien stellt einen Grundrechtseingriff dar. Mit dem Wegfall dieser Prüfpflicht besteht die Gefahr, dass die Nutzung und Pflege der Datei ohne weitere Selbstkontrolle fortgeführt wird. Damit wird ein wichtiges Instrument zur Sicherstellung eines angemessenen Datenschutzstandards ohne Not gestrichen. Betroffen hiervon sind in erster Linie die in den Dateien gespeicherten Personen. Die Regelung geht aber auch zulasten eines effektiven Aufgabenvollzuges der Bundespolizei, wenn das Personal der Bundespolizei mit der Pflege von unnötigen oder unzureichenden Dateien gebunden ist".

Da sich die Vorschrift nicht ausreichend am IT-Grundrecht orientiere, sollte sie gestrichen werden. Grundsätzlich problematisch findet der Datenschützer, dass für Staatstrojaner gezielt Sicherheitslücken ausgenutzt werden müssten. Das senke das allgemeine Sicherheitsniveau.

Staatstrojaner bei Bundespolizei --Opposition kritisiert Einigung

Durch die neue Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) soll die Bundespolizei Zugriff aus private Daten bekommen. Dieses hat die Opposition im Bundestag beim neuen Bundespolizeigesetz kritisiert.

So nannte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP Stephan Thomae nannte es "nicht nachvollziehbar", dass die Bundespolizei mit so weitreichenden Befugnissen ausgestattet werden sollte wie der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ), durch die Nachrichten in Messengerdiensten mitgelesen werden können.

"Die große Koalition verfährt frei nach dem Motto 'Alle sollen alles dürfen', ohne Rücksicht auf die Bürgerrechte zu nehmen", sagte der FDP Abgeordnete weiter.

Grünen mit Kritik an "Verfassungswidrigkeit"

Auch gab es Kritik von den Grünen. Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz nannte die Quellen-TKÜ "verfassungsrechtlich hoch umstritten". Er erwähnte dabei auch auf eine laufende vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den "weitgehend unkontrollierten Einsatz von Staatstrojanern".

Verschlüsselung Telekommunikation: Vertrauliche Kommunikation braucht Sicherheit

Der Branchenverband Bitkom ist überzeugt, dass eine zwangsweise Einführung von Hintertüren in Kommunikationsdiensten mehr schaden als nutzen würde. Gleiches gelte für sogenannte Generalschlüssel für gesicherte Kommunikationswege.

"Wir müssen alles dafür tun, elektronische Kommunikation so sicher wie möglich zu machen und hier ist eine starke Verschlüsselung das Mittel der Wahl. Eine 'Verschlüsselung light' bietet keine echte Sicherheit", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. Und weiter "Hintertüren sind nicht dauerhaft kontrollierbar und lassen sich durch alle denkbaren Akteure ausnutzen - von Cyberkriminellen bis zu fremden Nachrichtendiensten.".

Aus Bitkom-Sicht ist gleichwohl unbestritten, dass eine effektive Strafverfolgung im digitalen Raum möglich sein muss. Dafür sollten aber zunächst die Grundlagen verbessert werden. "Ermittlungsbehörden müssen in erster Linie besser ausgestattet werden und mehr Digitalkompetenz beim Personal aufbauen", so Rohleder weiter.

Cyberkriminalität: Branchenverband sieht Cyberkriminalität weiter auf dem Vormarsch

So wurden nun 61 Prozent der Internet-Nutzer im Jahr 2020 Opfer von Cyberkriminalität. Dieses ist ein Anstieg von 5 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr, wo es 55 Prozent an Opfer gab, so der Branchenverband Bitkom in einer Feststellung.

Dabei werden oftmals Schadprogramme auf dem Smartphone oder Computer geladen. Fast die Hälfte der Onliner mit 48 Prozent war davon betroffen. Von jedem Dritten wurden persönliche Daten ungefragt an Dritte weitergegeben. 17 Prozent geben an, dass ihre Zugangsdaten zu Online-Diensten ausspioniert wurden, etwa für soziale Netzwerke oder Online-Shops.

Sicherheitsbehörden müssen sich noch stärker vernetzen

Zudem müssten sich Sicherheitsbehörden noch stärker untereinander vernetzen, national wie international, um die Verbrechensbekämpfung im Internet zu stärken. Daneben brauche es grundsätzlich eine konstruktive Debatte darüber, wie anlassbezogene, richterlich angeordnete Eingriffsmöglichkeiten im Bereich der Telekommunikation für Sicherheitsbehörden aussehen könnten. Der digital Verband erkennt die Notwendigkeit solcher Eingriffsmöglichkeiten als Instrument der Strafverfolgung an, allerdings müsse dabei die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

Immerhin gibt es seit mehreren Jahren einen etablierten, fachlichen Austausch zwischen Sicherheitsbehörden und der Digitalwirtschaft über die Sicherheitskooperation Cybercrime. Dabei arbeiten Landeskriminalämter aus sechs Bundesländern mit der Digitalwirtschaft zusammen, um das Wissen und die Kompetenzen für Sicherheit im digitalen Raum zu steigern.

Kritik kommt von Informatikern, Chaos Computer Club und Bürgerrechtsorganisationen

"Primitives Ausschnüffeln durch kriminelle Hacker von Journalisten, Richtern, Anwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsbossen und Verantwortliche von Industrie-Technologie ist schon immer gut bezahlt worden. Der Staat will dabei nun bei kriminellen Wissen und Technologien einkaufen und gefährdet damit auch die Wirtschaft im Herzen. Das was China laut Trump will, wird dann an Wissen auch im Darknet zum Verkauf angeboten. So profitieren Hacker doppelt durch das Verkaufen von Infos über Sicherheitslücken mitsamt den brisanten Infos.", so die Kritik des Chefredakteurs vom Redaktionsnetzwerk Tarifrechner, Dipl. Inform. Martin Kopka.

"Die Quellen-TKÜ sollte ursprünglich nur bei schweren Straftaten durch das BKA eingesetzt werden. Dann wurden die Hürden immer niedriger gesetzt", so Linus Neumann, Sprecher des Chaos Computer Clubs. "In diesen ohnehin schon kritischen Fällen gibt es aber immerhin noch eine richterliche und öffentliche Kontrolle bei der Verhandlung. Auch das fällt nun weg: Der deutsche Inlandsgeheimdienst soll hacken dürfen, wen er will.".

"Dem Verfassungsschutz das Hacken technischer Geräte zu gestatten, hat eine neue Dimension. Tritt die Regelung so in Kraft, werden wir wahrscheinlich dagegen klagen", so Bijan Moini von der Gesellschaft für Freiheitsrechte. Immerhin hatte die Bürgerrechtsorganisation erst kürzlich gemeinsam mit anderen Klägern vor dem Bundesverfassungsgericht ein Urteil zur Auslandsspionage des Bundesnachrichtendienstes (BND) erwirkt, worüber wir berichteten.

Staatstrojaner sind ein Schlag gegen vertrauliche Kommunikation

Zuletzt hatte der Verein Digitalcourage gegen den Staatstrojaner eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Digitalcourage kritisiert die Folgen der Staatstrojaner für Grundrechte und IT-Sicherheit. Alle Menschen, die digital kommunizieren, sind von diesem Gesetz betroffen und können die Verfassungsbeschwerde unterzeichnen.

"Staatstrojaner sind eine Hintertür in jedem unserer Smartphones und Computer, die sperrangelweit offen steht. Durch sie können staatliche Hacker und Kriminelle jederzeit einsteigen. Das haben WannaCry und NotPetya gezeigt", sagt padeluun, Gründungsvorstand von Digitalcourage.

Der Bundestag hatte den Staatstrojaner, der zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Online-Durchsuchung genutzt werden kann, am Donnerstag, dem 22. Juni 2017 beschlossen. Beide Maßnahmen wurden kurz zuvor als "Formulierungshilfe" für einen Änderungsantrag in ein laufendes Gesetzesverfahren eingebracht.

Zum Installieren der Trojaner werden Sicherheitslücken in Geräten genutzt. Die Staatstrojaner werden entwickelt von dem Unternehmen "Gamma International" und von der "Zentralen Stelle für IT im Sicherheitsbereich" (ZITiS). Einem geleakten Dokument zufolge soll die neue Generation von Staatstrojanern mit erweiterten Funktionen noch 2017 zum Einsatz kommen.

Die Verfassungsrechtliche Argumente von Digitalcourage gegen den Staatstrojaner lautet dann:

    • Anlass des Eingriffs: Die Online-Durchsuchung ist laut Bundesverfassungsgericht nur bei konkreter Gefährdung eines überragend wichtigen Rechtsgutes zulässig. Das aktuelle Gesetz ignoriert diese Einschränkung, weil es Online-Durchsuchungen für einen umfangreichen Katalog von Straftaten vorsieht, unter anderem bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Schleusen von Flüchtenden.

    • Tiefe des Eingriffs: Das Bundesverfassungsgericht hat die Quellen-Telekommunikations-Überwachung untersagt, wenn dabei das gesamte informationstechnische System überwacht wird. Ob die eingesetzten Staatstrojaner das gewährleisten sich an die Vorgaben dieses Urteils halten, ist fraglich.

    • Staatliche Schutzpflicht verletzt: Schadprogramme wie WannaCry und NotPetya nutzen Sicherheitslücken. Es ist Aufgabe des Staates, diese zu schließen. Aber Staatstrojaner sind auf genau diese Sicherheitslücken angewiesen, weil sie nur auf diesem Weg in Kommunikationsgeräte eingeschleust werden können. Damit verletzt der Einsatz von Staatstrojanern das Grundrecht auf "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme".

    • Einschränkung von Grundrechten ist nicht verhältnismäßig: Beim Einsatz von Staatstrojanern ist die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Grundrechte fraglich, weil die informationstechnischen Systeme aller Bürgerinnen und Bürger unsicher gehalten werden müssen und der Strafkatalog, bei dem diese Maßnahmen zum Einsatz kommen können, äußerst umfangreich ist.

Meinhard Starostik, Rechtsanwalt und Richter am Berliner Verfassungsgericht, verfaßt den Schriftsatz für die Verfassungsbeschwerde.

Staatstrojaner greift in die Privatsphäre ein

Die Thematik über den Staatstrojaner ist nicht neu. Immerhin muss der Staat dazu Sicherheitslücken bei den Systemen ausnutzen, um auf die Daten der Benutzer durch den Staatstrojaner zu kommen. Allerdings trifft es dann mitunter auch unschuldige, und daher wird es sicherlich recht spannend werden, was die Gerichte dazu sagen.

Somit haben Strafverfolger nun im Rahmen der alltäglichen Ermittlungsarbeit, verschlüsselte Internet-Telefonate und Chats über Messenger wie WhatsApp und Co zu belauschen. So hatte schon im 7.Juli 2017 der Bundesrat dem zugehörigen Gesetzentwurf zum Staatstrojaner zugestimmt.

In dem Gesetz "zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens" ist in allgemeiner Form davon die Rede, dass "mit technischen Mitteln in von dem Betroffenen genutzte informationstechnische Systeme eingegriffen wird". Wie man sieht, hat der Bundestag und nun auch der Bundesrat den Staatstrojaner sogar versucht zu verheimlichen, ganz so wie ein Trojaner agieren soll. Nur das hier die Öffentlichkeit und die Wähler generell hinter das Licht geführt werden sollte.

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